Musik
The Baseballs – Hot Shots
HOT SHOTS – die Mutter aller Alben, so könnte es lauten wenn es ungefähr nach Charlie Sheen ginge. Das tut es aber nicht, hier geben The Baseballs den Takt an und man könnte genauso davon sprechen, dass Sam, Basti & Digger sich zurückmelden – wären sie denn jemals wirklich weg gewesen. Erst vor drei Jahren machten sie sich selbst ein stattliches Geburtstagsgeschenk zum 10-jährigen Jubiläum: The Sun Sessions! Aufgenommen in Sam Phillip’s Sun Studios zu Memphis/Tennessee ist ein solches Projekt der feuchte Traum eines jeden weltweit, welcher sich auch nur ein kleines bisschen mit Rock ’n› Roll beschäftigt. Und erst vergangenes Jahr tourten die Drei mit ihrer Band durch den deutschsprachigen Raum und das Baltikum bevor das grosse Thema, dieses in jeder Hinsicht aussergewöhnlichen Jahres, ihnen leider einen Strich durch die Rechnung machte…
Aber das bedeutet lange nicht, dass sich The Baseballs unterkriegen lassen, warum auch? Mit knapp einer halben Million Facebook-Followern, Millionen Klicks auf Youtube und über 300.000 monatlichen Hörern alleine auf Spotify ist die M.S. Baseballs hart im Wind und auf einem mehr als stabilen Kurs. Allein schon ihr Debütalbum «Strike» bewies nomen est omen: Es heimste unglaubliche 8x Platin ein! 2020 war eine grosse Tour durch Deutschland, Österreich, die Schweiz, Norwegen & Russland geplant, die nun unter Vorbehalt auf Januar/Februar 2022 verschoben wurde. Niemand kann zur Zeit in dieser Sache die Glaskugel sein. Die aktuellen Tourdaten und ein persönliches Statement der Band finden sich weiter unten. Aber die Drei schauen immer nach vorne, haben sich hingesetzt und überlegt was man machen kann und einfach eine Platte gemacht! Unter «Homeoffice-Bedingungen» (O-Ton Digger) entstanden die Aufnahmen in Reutlingen, Berlin und Münster.
HIER gehts zum Youtube Kanal von The Baseballs.
Nach all diesen unzähligen Shows, die sie in den vergangenen 13 Jahren Bandgeschichte auf die Bretter die ihnen alles bedeuten gelegt haben, tut räumliche Entfernung ihrem genialen Satzgesang keinen Abbruch. Basti, Sam & Digger kennen sich als Musiker in- und auswendig, genauso wie alle Stile amerikanischer Rootsmusic. Ob Doowop, Barbershop-Crooning, Vaudeville, HonkyTonk, Country oder Rockabilly: traumwandlerisch geschmacksicher blenden The Baseballs schon traditionell den Sound, den sie lieben, mit aktuellen sowie zeitlosen Poptunes, Klassikern und Evergreens und hauchen ihnen an ihren Shure Super 55 Mikrofonen neues/altes Leben ein. Ihre drei- bis vierköpfige Band steht ihnen dabei in nichts nach und so ist auch HOT SHOTS ein Album das sich schon jetzt nahtlos in den bisherigen schon beeindruckenden The Baseballs – Katalog einreihen wird.
Ganz im Einklang mit dem Namen ihrer Agentur Neuland Concerts haben The Baseballs auf diesem Album aber auch Neuland betreten. Erstmals singen sie auf Deutsch! Der Wiener Übergauner, Diplombassist, europäischer Rap-Pionier und überlebensgrosser Popstar Hans Hölzel a.k.a. Falco ist ein prädestinierter Kandidat für ein amtliches The Baseballs – Treatment nach allen Regeln der Kunst. «Rock Me Amadeus» boppt sich im authentischen Rockabilly-Gewand durch die Lautsprecher. Das wird sicher auch den «Kids in America» gefallen, ist Falco seinerzeit ja auch in den U.S.A. eingeschlagen. Sie hören eben nicht alle postmoderne Autotune-Musik, Kim Wilde’s Klassiker wird hier mit Klavier und knalligem Slapbass eingekleidet und ist schon jetzt ein garantierter Live-Favorit. Alphaville’s «Forever Young» erinnert an einen Barbershop der 50er, vor dem inneren Auge malt man ihn sich aus, inklusive einem pinken Cadillac vor der Tür. Ihren ungezügelten Optimismus stellen unsere 3 «Glass-halb-voll» – Typen mit Bobby McFerrins «Don’t Worry, Be Happy» zur Schau. Mit vollem Bläsersatz fangen sie den Flair von Louis Jordan’s legendärer Little Big Band ein, die Ukulele bringt einem dazu noch eine Prise Hawaii nach Hause. Als erste Single ihres ersten Albums aus dem Hause Electrola ist der Song insbesondere in diesem Jahr ein Statement, das richtig gut tut und aus dem Stand von den geduldig wartenden Fans runtergeladen und gestreamt wurde.
Jedes The Baseballs – Album folgt einem losen Konzept und HOT SHOTS hat sich die 80er Jahre vors Jeanshemd geknöpft. Da aber einfach alles neu ist im Hause The Baseballs, findet sich mit «A Little Bit» auch eine Eigenkomposition ihren verdienten Platz in der Tracklist. Textlich ist es die Personifizierung des Gegenteiltags, musikalisch fällt er überraschend soulig aus und es steht den Dreien sehr gut zu Gesicht. «Jump», der Überhit der kalifornsichen Ausnahmemusiker von Van Halen kommt wunderbar ganz ohne die Keyboards aus, die den Song ja eigentlich ausmachen. Digger schnappt sich einfach die Blues-Harp und ‹duelliert› sich mit Gitarrist Till Kersting als seien sie in einem Juke-Joint irgendwo im Delta südlich von Memphis. Von Tennessee aus geht’s nach Norwegen: A-ha’s «Take On Me» fehlt in keiner 80er Playlist und entsprechend auch nicht auf HOT SHOTS. Morton Harkett’s kraftvolles Falsett trennt die Jungs von den Männern, man kann es oder eben nicht, The Baseballs können es aus der Hüfte. Herbert Grönemeyers «Mambo» wird hier sehr sympathisch durch den Fleischwolf gedreht, wir könnten ihnen ewig zuhören wenn sie seit Stunden ihre Runden drehen, wieder eine absolute Premiere im Hause The Baseballs. So ganz fertig waren sie aber noch nicht in Skandinavien. Ihre schwedischen Fans schenkten ihnen seinerzeit eine Nummer 1 in den Charts, ganz Gentlemen bedanken sich The Baseballs mit «Super Trooper», des wohl erfolgreichsten Schweden-Exports neben H&M, Ikea oder Volvo: ABBA! Sie gönnen uns keine Verschnaufpause und wecken uns richtig auf! «Wake me up before you Go-Go» von Wham! gehört schlicht auf dieses Album das wie Marty McFly die 80er durch die 50er schickt, hat doch der unvergessene George Michael im Prinzip das Gegenteil gemacht. Mit “Ghostbusters” wird es völlig kultig, die Titelmelodie des 80er Jahre Filmklassikers war schon immer eine Rockabilly Nummer, oder? Jedenfalls trägt der Marshmellow-Man eindeutig Dapper Dan Pomade unter seiner Mütze! Und da wir gerade so schön begeistert sind: «Ghost – Nachricht von Sam» ist einer der Höhepunkte im Schaffen des grossen Patrick Swayze, nur noch überflügelt von «Dirty Dancing». Dessen Hymne «Time of my life» kommt hier als Nachricht von Sam, Digger & Basti um die Ecke und surft auf einer fetten Baritongitarre. Wir sparen uns mal den Kalauer über den Bandnamen, fest steht dass The Cure eine der einflussreichsten Gitarrenbands von der Insel sind und vermählten wie selten zuvor (und seitdem) Indie-Spirit mit gigantischen Charterfolgen. «Boys Don’t Cry» ist einer der grössten Hits im Repertoire dieser New Wave/Goth-Band und entsprechend auch ein «Hot Shot». Aber sie sind nicht nur Spassvögel, sondern eben auch Musiker mit Integrität und Tiefe. Ihr «Paradise City» entstand vor einigen Monaten bei einem Jam im Proberaum und seziert präzise den seriös-bedrohlichen Unterton aus dem Guns N› Roses Rockjuwel heraus. Und so kommen wir langsam zum Ende dieses Albums das schon jetzt seinen festen Platz in der The Baseballs – Diskographie hat.